Hier hilft die Stiftung

„Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“

heißt ein Leuchtturmprojekt des Vereins MENSCHENMÖGLICHES e.V. und der Kliniken-Essen-Mitte. Wenn ein Elternteil schwer erkrankt, so bedeutet das für alle Familienmitglieder eine außergewöhnliche Belastung und Herausforderung. In dieser Situation sinnvolle Hilfe anzubieten, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in der Familie berücksichtigt, ist das Ziel des Projektes. Die Heike-Kracht-Stiftung unterstützt seit 2014 die Arbeit von zwei Heilpädagoginnen an den Kliniken Essen-Mitte.

Eine Familie, die in diesem Jahr intensiv begleitet wurde, ist Familie B. aus Essen. Die Krebserkrankung von Frau B. brachte das Leben ihres Ehepartners und der beiden Söhne Linus und Max (Namen geändert), zwei und neun Jahre alt, aus dem Gleichgewicht. Max hatte es in dieser Situation besonders schwer und benötigte Hilfe bei der Bewältigung seiner Erfahrungen und Gefühle.

Das Ehepaar B. hörte erstmals vom Projekt „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ auf der Gynäkologischen Onkologie der Kliniken-Essen-Mitte. Im Beratungsgespräch mit einer Heilpädagogin berichteten Herr und Frau B. vom Leben mit den Veränderungen, die die fortschreitende Krebserkrankung von Frau B. mit sich brachte.

Nach der Chemotherapie fühlte sich Frau B. oft schlapp und müde und konnte nicht mehr wie früher mit den Kindern toben oder mit ihnen auf den Spielplatz gehen. Auch konnte Frau B. die Hausaufgaben ihres ältesten Sohnes nicht mehr betreuen. Weitere medizinisch bedingte Einschränkungen im Alltag kamen hinzu.

Beide Söhne spürten die Veränderung und jeder ging anders mit der Belastung um: Herr und Frau B. berichteten, dass Linus Schwierigkeiten hatte, seine Bedürfnisse nach Nähe und Aufmerksamkeit zurückzustellen und Rücksicht zu nehmen. Nachts wachte Linus manchmal weinend auf. Max, der neun Jahre alte Sohn, zog sich dagegen immer mehr zurück.

Im gemeinsamen Gespräch wurden Lösungen gefunden, um den Alltag in der Familie besser zu meistern. Doch Max wurde in den nächsten Wochen immer verschlossener und mochte schließlich gar nicht mehr mit den Eltern über seine Situation reden. Herr B. bat deshalb darum, dass eine Heilpädagogin direkt zu Max Kontakt aufnahm.

Im Gespräch zu Hause in seinem Kinderzimmer erzählte Max dann, wie schwer es ihm falle, mit Papa und Mama über seine Gedanken und Gefühle zu reden. Ihn belastete besonders, dass sich seine Gedanken nur zu „fünf Prozent“ um die Krankheit seiner Mutter drehten, was bestimmt zu wenig sei. Er befürchtete außerdem, seine Gedanken nicht mehr unter Kontrolle zu haben, sollte die Mama wirklich sterben. In den nächsten Wochen entwickelten Max und die Heilpädagogin gemeinsam ein „Labyrinth“: In der Mitte des Labyrinthes befanden sich seine schweren Gedanken, die sich einen Weg nach draußen suchen sollten.

Zunächst war es für Max nicht möglich, seine schweren Gedanken freizulassen. Wochenlang ließ er niemanden an sich heran. In den Wochen der Begleitung gelang es dann gemeinsam mit der Heilpädagogin, den Gefühlen von Trauer, Einsamkeit, Wut, Angst und Verzweiflung einen Raum zu geben, so dass die schweren Gedanken aus dem Labyrinth befreit werden

Im Laufe der Arbeit mit Max und seiner Familie ist Frau B. verstorben. Es war Max‘ Idee, nun eine „Schatzkarte“ anzulegen, die ihn durch das „Gebirge der schlechten Gefühle“ zu dem „Ort der guten Gefühle“ führt. So gelingt es Max heute, seinen schwierigen Alltag in kleinen Schritten gemeinsam mit der Familie und der Heilpädagogin zu meistern.

Aus der Arbeit der Heilpädagoginnen

Die Arbeit der beiden Heilpädagoginnen im Projekt „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ wurde in diesem Jahr vor allem durch weitere Aufbauarbeit für das Projekt bestimmt. Zentrales Anliegen ist, Kinder und Jugendliche in Familien, in denen ein Elternteil schwer erkrankt ist, zu unterstützen. 2014 wurden insgesamt 134 Patienten, 157 Kinder und Jugendliche und 69 Angehörige betreut.

Die Familien werden sowohl stationär wie auch zu Hause (bzw. in Kindergarten und Schule), vor allem aber in den im Mai 2014 neu eingerichteten Räumen des Projektes betreut. Dabei gilt es, sowohl bei einer Ersterkrankung, bei einem Rezidiv, in der Finalphase oder auch nach dem Versterben des erkrankten Elternteils umfassend für die Familie da zu sein.

Die beiden Mitarbeiterinnen entwickeln gemeinsam mit den Familien Lösungsstrategien und gehen dabei besonders auf die individuellen Bedürfnisse der Familien sowie das soziale Netzwerk ein. Es finden nicht nur fachliche Angebote für Kinder und Jugendliche statt, sondern auch Familienkontakte sowie interdisziplinäre Fachgespräche mit den Ärzten, den Psychoonkologen und den umliegenden Kinder- und Jugendpsychiatern und/oder Kinderpsychologen.

Gerade in der Rezidiv- und Finalphase sind die Familien auf eine sehr zeitintensive Begleitung durch die Mitarbeiterinnen angewiesen. Für diese Arbeit benötigen beide Mitarbeiterinnen ein flexibel gestaltbares Stundenkontingent. Die Spende der Heike-Kracht-Stiftung für die Personalkosten sichert die Grundvoraussetzung für die Arbeit der beiden Heilpädagoginnen und sorgt dafür, dass das Projekt weiter im klinischen Rahmen integriert werden kann. Bisher wurden die Stationen gewählt, die den höchsten Bedarf haben. 2015 soll das Angebot allen Stationen der Kliniken Essen-Mitte zur Verfügung stehen können.

Das Betreuungsangebot für Familien

Die schwere Erkrankung eines Elternteils ist eine große Herausforderung für den Patienten und für die ganze Familie: Nichts ist mehr wie früher. Das Leben gerät aus dem Gleichgewicht. In folgenden Phasen bietet das Projekt „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ sinnvolle Unterstützung für Familien:

Erstdiagnose: überwiegend Elterngespräche

Rezidiv: Familiengespräche und intensivierte Kontaktaufnahme zu den Kindern und Jugendlichen

Finalphase: zahlreiche Gespräche den Betroffenen, Hilfsangebote für die Kinder und Jugendlichen

Nach dem Tod: Elterngespräche und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen.

Weitere Informationen zum Projekt „Schwere Last von kleinen Schultern nehmen“ erhalten Sie über den Verein MENSCHENMÖGLICHES e.V.